Der zweite der „Ten Types Of Innovation“ beschreibt innovative Kooperationen zwischen Unternehmen. Durch das Network werden gegenseitig Ressourcen und Absatzkanäle gewährt und genutzt.

In der heutigen, vernetzten Welt kann und muss kein Unternehmen alles alleine können und haben. Network-Innovatoren schaffen Wege, damit ein Unternehmen Prozesse, Technologien, Angebote und Absatzkanäle Anderer mitbenutzen kann. So kann eine Organisation eigene Ressourcen kapitalisieren und gleichzeitig fremde Aktiva für eigene Zwecke einspannen. Network-Innovationen können Führungskräften außerdem helfen, Risiken abzufedern, die durch neue Angebote entstehen. Die Kollaborationen können vorübergehend oder langfristig sein und sogar zwischen eisernen Rivalen funktionieren.

Zu „Network“ gehören auch die „open innovation“-Herangehensweisen. Sie haben geholfen, dass Unternehmen einzelne Auserwählte oder gleich die ganze Welt in die Lösung einer Herausforderung einbezogen haben.

In diesem Post möchte ich überprüfen, ob es Parallelen zwischen Larry Keeleys Buch „Ten Types Of Innovation“ und der Bibel gibt. In der Geschichte des Volkes Israel gibt es immer wieder Beispiele dafür, wie Gruppen oder ganze Völker Bündnisse eingegangen sind um sich gegenseitig ein gewisses Maß an Sicherheit zu gewähren. So geht schon Abraham auf seinem Weg von Ur nach Kanaan Bündnisse mit den jeweils örtlichen Stammesherrschern ein. Wie wir aber in Keeleys Definition von Network-Innovation oben sehen, sind viel weiter gehende Nutzungen der Aktiva eines anderen Unternehmens möglich und erfolgversprechend. Deshalb möchte ich die Rede des Apostels Paulus auf dem Areopag untersuchen. In der Apostelgeschichte 17, Verse 16 und folgende wird berichtet, wie Paulus zu den griechischen Philosophen spricht und dabei eine Art „intellektuelles Network“ nutzt.

Hier der Bibeltext in der Übersetzung der „Hoffnung für Alle“:

16 Während Paulus in Athen auf Silas und Timotheus wartete, wurde er zornig über die vielen Götterstatuen in der Stadt. 17 Er sprach in der Synagoge zu den Juden und den Griechen, die zum jüdischen Glauben übergetreten waren. Außerdem predigte er an jedem Tag auf dem Marktplatz zu den Menschen, die gerade vorbeikamen. 18 Bei einer solchen Gelegenheit kam es zu einem Streitgespräch mit einigen Philosophen, und zwar mit Epikureern und Stoikern. Einige von ihnen meinten: „Dieser Mann ist doch ein Schwätzer!“, andere sagten: „Er scheint von fremden Göttern zu erzählen.“ Denn Paulus hatte von Jesus und seiner Auferstehung gesprochen. 19 Weil die Philosophen mehr über die neue Lehre erfahren wollten, nahmen sie den Apostel mit vor den Areopag, den Gerichtshof von Athen. 20 „Was wir von dir hören, ist alles neu und fremd für uns“, erklärten sie Paulus. „Wir möchten gern mehr davon wissen.“ 21 Denn sowohl die Athener als auch die Fremden in dieser Stadt beschäftigten sich am liebsten damit, Neuigkeiten zu erfahren und weiterzuerzählen. 22 Da stellte sich Paulus vor alle, die auf dem Areopag versammelt waren, und rief: „Athener! Mir ist aufgefallen, dass ihr euren Göttern mit großer Hingabe dient; 23 denn ich habe in eurer Stadt viele Heiligtümer gesehen. Auf einem Altar stand: ‚Dem unbekannten Gott.‘ Von diesem Gott, den ihr verehrt, ohne ihn zu kennen, spreche ich. 24 Es ist der Gott, der die Welt und alles, was in ihr ist, geschaffen hat. Dieser Herr des Himmels und der Erde wohnt nicht in Tempeln, die Menschen gebaut haben. 25 Er braucht auch nicht die Hilfe und Unterstützung irgendeines Menschen. Er, der allen das Leben gibt und was zum Leben notwendig ist, 26 er hat den einen Menschen geschaffen, von dem alle Völker auf der ganzen Erde abstammen. Er hat auch bestimmt, wie lange und wo jeder Einzelne von ihnen leben soll. 27 Das alles hat er getan, weil er wollte, dass die Menschen ihn suchen. Sie sollen ihn spüren und finden können. Und wirklich, er ist jedem von uns ja so nahe! 28 Durch ihn allein leben und handeln wir, ja, ihm verdanken wir alles, was wir sind. So wie es einige eurer Dichter gesagt haben: ‚Wir sind seine Kinder.‘ 29 Weil wir nun von Gott abstammen, ist es doch unsinnig zu glauben, dass wir Gott in Statuen aus Gold, Silber oder behauenen Steinen darstellen könnten. Diese sind doch nur Gebilde unserer Kunst und unserer Vorstellungen. 30 Bisher haben die Menschen das nicht erkannt, und Gott hatte Geduld mit ihnen. Aber jetzt befiehlt er allen Menschen auf der ganzen Welt, zu ihm umzukehren. 31 Denn der Tag ist schon festgesetzt, an dem Gott alle Menschen richten wird; ja, er wird ein gerechtes Urteil sprechen durch den einen Mann, den er selbst dazu bestimmt hat. Das hat Gott bewiesen, indem er ihn von den Toten auferweckte.“ 32 Als Paulus von der Auferstehung der Toten sprach, begannen einige zu spotten, andere aber meinten: „Darüber wollen wir später noch mehr hören.“ 33 Paulus verließ jetzt die Versammlung. 34 Einige Leute, die durch seine Rede zu glauben begonnen hatten, gingen mit ihm. Darunter waren Dionysius, ein Mitglied des Gerichtshofes, eine Frau, die Damaris hieß, und manche andere.

Paulus spricht seine Botschaft in das griechische Philosophiekonzept hinein. Dabei nutzt er die vorhandene Hardware: Den Ort, an dem neue Ideen ausgetauscht und diskutiert werden und hängt die Rede über den Schöpfergott an einem vorhandenen Altar auf.

Paulus „wundert“ sich über die aus seiner Sicht altmodischen Götterbilder in Athen: seit Sokrates müsste in Athen die griechische Frühaufklärung herrschen. Die Fülle der Götterbilder widerspricht der philosophischen Kritik an der homerischen Götterwelt. Die Philosophen interessieren sich durchaus für neue Ideen und fordern Paulus zur Legitimation heraus – diese Herausforderung nimmt Paulus an. Er bezeichnet die Athener als ‚religiös‘ – dies ist hier aber eine mehrdeutige Beschreibung zwischen fromm und abergläubisch. Das Kompliment ist also doppelsinnig und als ironisches Lob gemeint. Schon Sokrates gebrauchte in dieser Stadt die Ironie als Mittel didaktischer Kommunikation.

Paulus nennt zwei Grundaussagen: Gott wohnt nicht in Tempeln, die die Menschen erbaut haben (Die Stoiker habe auch gelernt, dass man den Göttern keine Heiligtümer bauen soll), und: Gott braucht und will keinen Opferkult.

In Vers 27 nennt Paulus einen Auftrag Gottes an die Menschen: sie sollen Gott suchen. Gott ist aber nicht in materiellen Dingen ‚ertastbar‘. Der Grund dafür, dass die Suche nach Gott nicht von vornherein aussichtslos ist, liegt in der Menschennähe Gottes. Paulus sagt, dass Gott keinem von den Menschen fern ist. Solche Überzeugung war auch der stoischen Philosophie nicht fremd. Hier sehen wir mehrmals, wie Paulus eine Network-Innovation durchführt: Die neue Religion, die er nach Athen transportiert, wird eingeführt durch Nutzung vorhandener religiös/philosophischer Grundgedanken.

Diese Methode setzt der Apostel in Vers 28 fort: Gottes allgegenwärtiges Wesen gibt den Menschen die Möglichkeit, ihn zu suchen und die Chance, ihn zu finden. Paulus belegt seine Aussage mit einem Zitat des Dichters Aratos, der noch vor Christus lebte. Aratos war so wie Paulus überzeugt von der Gottverwandtschaft der Menschen. Die menschliche Gottesnähe muss man als Bestimmung zur Gottesebenbildlichkeit durch Gott, den Schöpfer verstehen.

In Vers 29 grenzt Paulus den Glauben an seinen lebendigen Gott gegenüber der Anbetung der griechischen Götterstatuen ab – seine Botschaft ist kein beliebiges „alle Religionen sind gut“. Der Apostel will SEIN Produkt verkaufen.

In den Versen 30/31 wechselt Paulus vom stoischen Gott zum geschichtlich handelnden Gott des Judentums über und kommt zur Schlussmahnung. Die Juden haben aus ‚Unwissenheit‘ Jesus verworfen, die Völker dagegen haben in ‚Unwissenheit‘ den einen Gott gesucht und nicht gefunden. Die Zeiten der ‚Unwissenheit‘ sind aber zu Ende, was mit der Begegnung mit der Verkündigung des einen und wahren Gottes verbunden ist. Der eine Gott ist von nun an auch in Athen kein unbekannter Gott mehr.

Die letzten Verse des Bibeltextes belegen Paulus „Erfolg“ in seiner Network-Innovation: einige namentlich genannte (und offenbar einflussreiche) Griechen schließen sich ihm an.